Die Schlucht der Tara in Montenegro und Bosnien gilt als die tiefste (bis zu 1300 m) und längste (93 km) Schlucht Europas. Bereits in den 1960er Jahren war geplant, diesen Cañon mit einem riesigen Damm aufzustauen, wie dies an der nahen Piva geschehen ist. Erst 2005 wurden derartige Pläne das bis dato letzte Mal verworfen (sehr konkrete Kraftwerkspläne bestehen in Montenegro hingegen an der Morača-Schlucht). Seit 1976 steht die Tara-Schlucht unter Schutz (UNESCO-MAB), sie ist abschnittsweise Teil des Durmitor Nationalparks.
Befahrung der Tara-Schlucht in Montenegro, 8.-10. Juni 2010
Wir beginnen unsere Befahrung mit dem Grabner Outside Schlauchboot wenige Kilometer stromauf der großen Straßenbrücke. Der Fluss ist unter Kajakfahrern recht populär und wird auch von kommerziellen Rafting-Unternehmern intensiv befahren. Die Schwierigkeiten liegen über weite Strecken bei Wildwasser II mit IIIer Stellen am Beginn und überaus wuchtigen III-IVer Stromschnellen am Ende der großen Schlucht in Bosnien.
In der Tara leben laut Nationalpark angeblich 8 Fischarten einer für das Donausystem typischen Assoziation: Bachforelle (Salmo trutta), Koppe (Cottus gobio), Äsche (T. thymallus), Elritze (P. phoxinus), Strömer (Telestes souffia), Huchen (H. hucho), Nase (Chondrostoma nasus) und Barbe (B. barbus). Ich kann trotz des klaren Wassers leider nur Äschen - in sehr geringer Dichte - entdecken. Vermutlich kommen die “potamalen” Arten nur im mündungsnahen Bereich zur Drina vor. Jungfische finde ich in den Uferbereichen trotz ausgiebigen Suchens nicht. Mit einer kleinen Nymphe kann ich 2 der schön, hell gefärbten Tara-Äschen fangen. Über die Ursachen für die geringe Fischdichte trotz des natürlichen Lebensraums kann ich nur spekulieren. Möglicher-weise spielen die geringe Verfügbarkeit von Jungfischhabitaten (Schluchtcharakter), das Fehlen von Zubringern, Schwall im Vorfluter Drina, starker Geschiebetrieb, Fischfresser oder Fisch-wilderei eine Rolle.
Im Uferbereich grabe ich einen Querder aus. Damit ist auch das Neunauge (Eudontomyzon sp.) für die Tara nachgewiesen.
Große Mengen riesiger Steinfliegen lassen sich fliegend bei der Eiablage und am Ufer krabbelnd entdecken, auch Köcher- und Eintagsfliegen sind in größerer Zahl unterwegs. Nichts desto trotz steigen fast keine Fische nach Oberflächennahrung.
Schlußendlich vereinigt sich die Tara mit der Piva, die die Nord- und Westseite des Durmitorgebirges entwässert. Die Piva wird hydrologisch stark durch den Schwall der 220 m hohen Talsperre stromauf beeinflusst. Ab der Vereinigung heißt der Fluss Drina und fließt in weiterer Folge in die Sava und weiter in die Donau.
Zubringer fehlen in der Schluchtstrecke fast vollständig, die Fließgewässer des Hochplateaus verschwinden in Klüften und münden als eindrucksvolle, abflussstarke Quellen, die durch den hohen Kalkgehalt Sinterbildungen aufweisen.
Das eiskalte Wasser der Tara ist bei Niederwasser ebenso herrlich türkisblau und sogar noch etwas klarer als jetzt bei Mittelwasser.
Auf etwa den letzten 10 km - hier befindet sich das rechte Ufer in Bosnien-Herzegowina - bilden sich sehr wuchtige Schüsse mit eindrucksvollen stehenden Wellen und Wasserpilzen. Glücklicher-weise sind diese heftigen Stromschnellen mittig nicht kompliziert verblockt, sodass die Schwierigkeit wohl mit III-IV (durch die enorme Wucht bei Mittelwasser aber “gefühlte” IV) einzustufen ist.
Als weitere wassergebundene Wirbeltierart ist die Würfelnatter (Natrix tessellata) häufig. An den Ufern leben Gelbbauchunken (Bombina variegata) in größerer Zahl.